Eine kleine Typologie der Fernsehserie (5)

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Der entscheidende Grund, aus dem ich Serien nie im Fernsehen, sondern immer auf DVD sehe, entspricht dem, der mich seit geraumer Zeit vom Kino fernhält: die deutsche Angewohnheit, Film wie Fernsehen zu synchronisieren. Dabei gibt es zwei Punkte, die begründen, warum ich die Originalfassung vorziehe. Zum einen ist das die häufig durchaus fragwürdige Qualität der Übersetzung; zum zweiten - entscheidend - der gewaltsame Eingriff in den Sound einer Produktion, den eine Synchronisation notwendig mit sich bringt.

Synchronisierte Filme tendieren dazu, in einer merkwürdig gestelzten Sprache zu sprechen. Dabei ist die originale Fassung meistens in einem alltäglichen Englisch (von anderssprachigen Filmen kann ich hier leider nicht reden). Viele Wendungen lassen sich aber nur schwer so übersetzen, daß sie im Deutschen noch einen Sinn ergeben - von bestimmten Sprachspielen, die in Amerika gängig sind, hierzulande jedoch keine Entsprechung finden, ganz zu schweigen. Hinzu kommt, daß eine deutsche Übersetzung regelmäßig deutlich länger ist als das englischsprachige Original. Das spielt besonders dann eine Rolle, wenn eine Synchronisation Kompromisse bei der Sinnhaftigkeit der Übersetzung eingehen muß, wenn sie synchron mit den Lippenbewegungen der Schauspieler gehen soll.

Für mich letztlich entscheidend ist jedoch die Veränderung am Klangbild eines Filmes in seiner eingedeutschten Version. Wenn man - ohne auf den Sinn zu achten - beim Abspielen einer DVD die Sprache hin und her schaltet, kann man hören, wie in der originalen Fassung die Stimmen mit dem Rest des Soundtracks eine gewisse Einheit bilden, wo sie in der deutschen Fassung die Sprache höhenlastig und spitz aus der akustischen Umgebung herausfallen. Irgendwie scheint es da einen grundsätzlichen Konflikt zwischen den Toningenieuren in der Philosophie vom Klang der Stimme zu geben - die englischen Sprachspuren sind jedenfalls fast ausnahmslos mittenlastiger als ihr deutsches Gegenstück. Hinzu kommt - wohl entscheidend -, daß sich im Original die direkt am Set entstandenen Tonspuren mit den Nachvertonungen im Studio mischen lassen.

Wie dem auch sei - ich finde es jedenfalls immer wieder bestürzend, wie artifiziell und künstlich eine synchronisierte Fassung klingt, und wie lächerlich die Darsteller oftmals wirken. Tatsächlich gehört ja zu einem Schauspieler immer auch dessen Stimme, und die Art seines Sprechens trägt mindestens ebenso zu seiner Performance bei, wie Mimik und Körperhaltung. Wenn man ihm eine andere Stimme (nicht: Sprache) überstülpt, enteignet man ihn förmlich, und nimmt ihm einen wichtigen Aspekt seiner Persönlichkeit - ja verwandelt ihn nicht selten in eine Karikatur seiner selbst.

Gerade bei Fernsehserien verschärfen sich diese Probleme, weil dort billig und eilig produziert werden muß. Die Qualität der Übersetzungen ist hier ein echtes Problem (ganz zu schweigen davon, daß regelmäßig Spielereien des Originals mit Fremdsprachen unter den Tisch fallen). Hinzu kommt, daß die Synchronsprecher nicht unbedingt zur Elite ihres Berufsstandes gehören, und mit schöner Regelmäßigkeit über austauschbare, leicht miteinander verwechselbare Stimmen verfügen.

Mittlerweile sehe ich auch französische - selbst japanische oder koreanische - Filme im Original mit Untertiteln. Für den Umstand, kein Wort zu verstehen, wird man m.E. mehr als nur entschädigt, weil man den Film so sieht, wie man ihn selber versteht, und nicht so, wie ein Synchronstudio ihn verstanden haben will.