22.7.2009

Most 2009 (3 - Tag 1+2)

(Kompletter Text)

Most war meine erste „richtige” Rennstrecke - der Spreewaldring und Padborg waren allenfalls harmlose Vorübungen für das, was dort auf mich wartete. In Start&Ziel hatte ich zum ersten Mal überhaupt den vierten Gang voll ausgefahren, und mußte noch für ein kurzes Stück in den fünften - das sind dann ca. 220-240 Sachen, aus der man die Fuhre vor der folgenden Schikane (zweiter Gang/ca. 80km/h) mit bloßer Gewalt stoppen muß. Ich habe bis zum Schluß mindestens fünfzig Meter zu früh in die Bremse gegriffen, und es erst am letzten Tag geschafft, wenigstens bis zum Bremspunkt das Gas komplett offen zu halten, statt mit lange vorher geschlossenem Gaszug auf ihn zuzurollen.

Noch mehr Schwierigkeiten hatte ich aber, überhaupt einen Blick für den Kurs zu bekommen. Den gesamten ersten Tag war ich immer wieder davon überrascht, welche Kurve jetzt plötzlich wieder vor mir auftaucht - ich habe den Kurs in seiner ganzen Weitläufigkeit definitiv nicht in den Kopf bekommen. Am Abend mußte ich mir dann auch einiges anhören - meine Motorradfreunde, die mich als eher flotten Fahrer kennen, waren ziemlich verblüfft, als ich plötzlich die Maschine um die Kurven tragen wollte, statt sie zügig und locker zu surfen.

Aber solches „locker sein” kann ich nicht erzwingen. Der erste Tag war ziemlich verkrampft und auf den ersten Blick unergiebig, hat letztlich aber die Grundlagen gelegt.

Am zweiten Tag hat es den gesamten Vormittag geregnet, und meine Laune sackte nach und nach auf den Tiefpunkt, als ich mich langsam damit abzufinden versuchte, daß der Tag ein Totalausfall wird. Ich hatte Bridgestone BT-02 aufgezogen, und die hatten schon kürzlich auf dem Heidbergring gezeigt, daß sie bei trockenem Wetter mit dem Asphalt förmlich verkleben, bei Nässe aber - wie wohl jeder Rennreifen - überhaupt nicht funktionieren.

Am Nachmittag war dann aber die Strecke zumindest für drei Stunden komplett trocken, und als ich nach der Mittagspause herausfuhr, war mir der Kurs plötzlich völlig klar. Irgend etwas war in der Nacht aus der Sinneswahrnehmung ins Unterbewußte gesackt, und stand mir plötzlich zweifelsfrei zur Verfügung. Ich war zwar immer noch nicht schnell genug, um die langgezogenen Kurven mit schleifenden Knien zu fahren. Dafür hatte ich aber einen klaren Blick für den gesamten Kurs, und nicht nur für die jeweils nächste Kurve. Den ersten Turn war ich glatte 35 Minuten draußen, und mußte mich zwingen, Pause zu machen.

Danach hatte ich 30 Minuten Einzeltraining mit Nina Prinz, der einzigen Frau in Deutschland, die unter den Top-Fahrern zu finden ist - immerhin in den Top-10 der IDM. Die paar Runden an Ninas Hinterrad, wie auch ihre Tips in der Nachbesprechung (davon erzähle ich später noch ausführlich), haben bei mir dann endgültig den Kopf frei geräumt, und aus meinem angstbehafteten Respekt vor Tempo und Strecke den Angst-Anteil ausgetrieben. Danach war ich in zwei kurz aufeinander folgenden Turns draußen und habe versucht, zunächst ganz bewußt Ninas Tips bzw. die von ihr vorgegebene Linie umzusetzen. Dann war der Nachmittag aber auch schon gegen 17:00 zu Ende, als es wieder zu regnen begann.

Am abschließenden Tag war ich pünktlich um 9:00 auf der Strecke - und das hätte definitiv mein Tag werden können. Von der ersten Runde an hatte ich es endlich heraus, die Kurven „a Tempo” anzufahren. Selbst in den schnellen Wechselkurven vor der „Applauskurve” war ich permanent mit den Knien am Schleifen - im dritten Gang, bei Geschwindigkeiten also von 140km/h aufwärts. In der „Applauskurve” (vor der 180-Grad-Kurve in Richtung Start&Ziel) hatte ich schließlich den vierten Gang lange vor dem Bremspunkt im Limiter (ca. 220km/h), und hätte wohl im nächsten Turn dort noch in den fünften Gang geschaltet. Auch die Anbremserei verlor nach und nach ihren Schrecken - ich hatte langsam kapiert, wie man bei einer Vollbremsung auch die Gänge herunterschalten kann, ohne daß das Hinterrad blockiert und zu stempeln beginnt.

Ich glaube, daß ich am Ende des Tages an einer Rundenzeit von 2:00min zumindest gekratzt hätte. - Aber es kam ja dann ganz anders.

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