Musikproduktion am Computer (Sampler)
Sampler gehören zu einer spezielle Gattung von elektronischen Musikinstrumenten, die irgendwo zwischen Synthesizer und Tonbandgerät angesiedelt ist. Das sind MIDI-Geräte, die von Kontrollinformationen gesteuert werden - dabei generieren sie ihre Sounds jedoch nur teilweise elektronisch, und geben in erster Linie digitale Audioaufnahmen wieder.
Ein „Sample” ist ein Schnipsel Audio - die digitale Aufnahme z.B. von zwei Sekunden vom Alt-Saxophon auf dem zweigestrichenem „Es” in einer bestimmten Lautstärke. Ein Sampler-„Sound” (ein vom MIDI-Keyboard spielbares Altsaxophon etwa) ist zusammengesetzt aus einer ganzen Anzahl von Samples - einer Sammlung aus in verschiedenen Tonhöhen und Lautstärken gespielten Tönen jenes Saxophons. Auf diese Aufnahmen greift die Elektronik zurück, wenn sie ein MIDI-Kommando erhält - wenn ein Ton in einer verlangten Tonhöhe als Audiodatei vorliegt, wird diese direkt abgespielt, andernfalls wird ein möglichst dicht daneben liegender Ton gesucht und „gepitcht”[1]. Ähnliches gilt für Lautstärke und - ganz prominent - Tondauer: wenn ein Sample bis zum Ende abgespielt wurde, der Ton aber immer noch weiterklingen soll, spielt der Sampler eine Endlosschleife zwischen zwei vorher vom Sounddesigner festgelegten „Loop”-Punkten.
Diese beiden Eingriffe - Pitchshift und Looping - allein sind schon kritisch genug, um Sounds aus dem Sampler eine hörbare „Künstlichkeit” zu verleihen. Dabei sind allerdings heute verfügbaren Pitchshift-Algorithmen ausgefeilt genug, um es zu erlauben, selbst eine komplette Gesangsaufnahme in einem gewissen Rahmen zu transponieren, ohne daß dies groß auffällt (von mikrotonalen Eingriffen ganz zu schweigen, mit denen man z.B. Ungenauigkeiten in der Intonation glattbügeln kann) - zudem stellen Speicherplatz und Busgeschwindigkeit heute kein (größeres) Problem mehr dar, so daß man Samples auf jedem Halbton, in zahlreichen „Velocity Layers” und ausgiebiger Länge benutzen kann, und trotzdem noch Luft genug hat, vier oder acht oder noch mehr Töne gleichzeitig zu spielen.
Bei guten Sample-Libraries hat man es letztlich mit (technisch hervorragenden) Aufnahmen von Naturinstrumenten zu tun, die man hinterher Ton für Ton beliebig miteinander verknüpfen kann. Man würde erwarten, daß man keine Probleme hat, mit diesen Mitteln mein Beispiel - das Altsaxophon - auf einem MIDI-Keyboard zu spielen, oder es zumindest im Nachhinein auf dem Computer so nachzustellen, daß es vom Original ununterscheidbar wäre. Das ist aber nur in einem sehr eingeschränkten Maße möglich - und zwar selbst für jemanden, der das Instrument bis ins Detail kennt, und auch sämtliche Möglichkeiten der Computertechnik auszuschöpfen versteht. Diesen - sehr seltenen - Typus Musikers gibt es tatsächlich, und der löst das Problem auf die einzige wirklich befriedigende Weise: er holt sich einen guten Saxophonisten ins Studio.
- [1] Glossar:
Sample = Audioaufnahme (idR kurz und monophon)
Pitch = Tonhöhe - -shift = dessen Manipulation
Velocity = Lautstärke bzw. Anschlagsgeschwindigkeit
Ein weiteres Problem ist natürlich, dass bei der Benutzung von MIDI sehr oft das "falsche" UI zu einem Instrument benutzt wird: man "klimpert" (pardon) auf einem MIDI-Keyboard ein Saxophon, dass nur nur vom haptischen Feedback sondern auch von den Einflussmöglichkeiten her ganz anders zu erfahren ist als eben jenes Keyboard.
Klar gibt es auch MIDI-Controller in anderer Bauform - aber dann ist ganz schnell der gute Saxophonist preiswerter und deutlich effizienter was den zeitlichen Aufwand angeht.
Das ist tatsächlich das Hauptproblem bei der Bedienung von Samplern: es ist ungeheuer schwer, all die z.T. mikroskopischen Details einzufangen, die das Original fast automatisch mit sich bringt - ob das Schwankungen in der Lautstärke, in der Geschwindigkeit des Vibratos, oder dieses ganze Ein- und Auspitchen sind, das Saxophonisten völlig selbstverständlich ständig machen. - Das "haben wir" dann im nächsten Blogeintrag :-)