Körperwissen (5)

(Themenanfang)

Auf der Rennstrecke fährt man in eine Kurve, ohne auf den Tacho zu schauen: man konzentriert sich voll auf das Fahren, und trifft das richtige Tempo, ohne darüber nachzudenken.

Wenn ich mir Katharina Wagners Notat auch nur einen Moment ansehe, wird mir klar, daß hier etwas nicht stimmt, und zwar ohne Note für Note bewußt nachvollziehen zu müssen. Da reicht ein Blick.

Bei der Arbeit am Code für diese Site habe ich nach einigem Gestocher einen rekursiven Ansatz versucht - und wußte beim Tippen unvermittelt, daß ich gerade prinzipiell auf dem richtigen Weg bin.

Die Evidenz des Verlaufs der Rennstrecke führt zu körperlichen Handlungen - ich ziehe die Bremse, gebe einen Lenkimpuls, und falle in die Schräglage.

Der Anblick eines Notats führt dazu, daß ich die notierte Musik höre - und zwar nicht im übertragenen Sinn, das ist keine Metapher: das Erlebnis entspricht jenem, das ich habe, wenn die Passage auf dem Klavier gespielt wird.

Die Evidenzerfahrung am Computer löst vielleicht keine direkte (passive oder aktive) Reaktion des Körpers aus - darin ähnelt Computercode Sprache. Wenn ich etwas sage - etwa ein schlagendes Argument in die Diskussion werfe, oder jemanden anschreie - provoziere ich jedoch letztlich physische Veränderungen. Dann bewirke ich bei einem Menschen eine Reaktion mit seiner Stimme (oder der geballten Faust). - Ebenso steuert Code letztlich Hardware und bringt einen Drucker zum laufen oder einen Server dazu, die neuesten Nachrichten auf dem Bildschirm zu zeigen. Das wirkt letztlich wie der Gedanke, der dazu führt, daß das Motorrad in die Kurve klappt.