14.2.2015

Notiz - Syrizas Leitprinzip: Pragmatismus

[…]

Für die Syriza-Führung ist die Anel ein peinlicher Bettgenosse, aber auch ein ziemlich bequemer. Und das aus zwei Gründen: Erstens ist die Partei auf dem Abstieg und hat es nur noch knapp ins Parlament geschafft; zweitens ist Kammenos mit seinem aufgeblähten Ego ziemlich berechenbar. Der polternde Populist ist nämlich zugleich ein schamloser Opportunist. Schon im Sommer 2012 war er bereit, die Anti-Troika-Linie der Anel aufzugeben und in die Samaras-Regierung einzutreten. Seine einzige Bedingung: das Verteidigungsministerium als persönliche Beute. Tsipras bewilligte ihm nun den ersehnten Posten, womit er ihn fürs Erste ruhiggestellt hat.

Vor allem wird er sich nicht in die "große Politik" einmischen, das heißt in die Verhandlungen über die griechischen Staatsschulden mit den EU-Partnern, der EZB und dem IWF. Und mit den Gläubigern einen erträglichen Kompromiss in der Schuldenfrage zu finden, hat für die Syriza allerhöchste Priorität.[…]

[…] (Es) heißt es auch, dass ein rechter Patriot an der Spitze des Verteidigungsministeriums das Misstrauen nicht nur des Militärs, sondern aller Uniformträger gegen Syriza dämpft, die in ihrem Programm die Abrüstung der Bereitschaftspolizei bei Demonstrationseinsätzen fordert. Noch vor Schließung der Wahllokale hielt es die Syriza-Führung für geboten, den höchsten Chargen von Polizei und Militär zu versichern, dass sie nicht mit einer Ablösung rechnen müssen.

[…]

Der komplette Artikel von Niels Kadritzke im Le Monde diplomatique ist lesenswert. Die Ausführungen über mögliche Gründe für die Koalition mit Anel von Rechtsaußen machen (einmal mehr) deutlich, daß die griechischen Verhältnisse doch ein wenig komplizierter sind, als man sich das als außenstehender Beobachter wünschen würde.

7.2.2015

Notiz - Yórgos Avgerópoulos, Agora

Bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten finden sich gelegentlich Sendungen, die einen etwas anderen Einblick ins Weltgeschehen geben, als Tagesschau&Co. Dazu gehört die Dokumentation von Yórgos Avgerópoulos, "Agora", die die Eurokrise zwischen 2010-14 aus der Sicht Griechenlands schildert.

Die Doku ist in der Mediathek der ARD nur schwer zu finden, aus welchen Gründen auch immer.

28.1.2015

Notiz - Wahlen in Griechenland: Syriza koaliert mit Rechtsaußen

Das Wahlergebnis vom 25. Januar ist klarer ausgefallen, als es die meisten Beobachter erwartet haben. […] (Alexis Tsipras) sprach von der historischen Aufgabe der Syriza, die Zukunft des Landes zu gestalten. Der 25. Januar biete der griechischen Linken diese Chance „zum ersten Mal“ – um fast beiläufig hinzuzufügen: „oder zum letzten Mal“. Tsipras und seine Mannschaft sind sich offensichtlich sehr wohl bewusst, dass die eigentliche Bewährungsprobe für die erste linke Regierung noch bevorsteht.

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Da die Syriza die absolute Mehrheit der Parlamentsmandate knapp verfehlt hat, musste sie eine Koalitionsregierung bilden. Tsipras hat es vorgezogen, sich auf einen höchst umstrittenen Bündnispartner einzulassen: die Rechtspopulisten um Panos Kammenos.

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Für die meisten griechischen Linken sind die „Unabhängigen Hellenen“ im Grunde ein völlig undiskutabler Partner.

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Ich muss an dieser Stelle gestehen, dass die Koalitionsentscheidung der Syriza mich nicht nur überrascht, sondern auch schockiert hat. In meinen Einschätzungen war ich letztlich davon ausgegangen, dass Tsipras und die Linkspartei sich niemals mit einem solchen politischen Bettgenossen einlassen werden.

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(NDS)

Der Text von Niels Kadritzke ist bisher der einzige Kommentar zu den äußerst eigenartigen Vorgängen nach den Wahlen in Griechenland, der zumindest ein paar plausible Hinweise gibt, was Tsipras und die Syriza im Sinn haben könnten.

25.1.2015

Notiz - John Oliver: Net Neutrality

Our Top-Story tonight concerns the Internet - aka the electronic cat database.

Was John Oliver über ein überaus sperriges Thema wie Netzneutralität zu sagen hat, ist nicht nur witzig und unterhaltsam, sondern trifft exakt den Punkt.

22.1.2015

Notiz - Die fiktive Öffentlichkeit der klassischen Medien

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Ich bin ja durch und durch von diesen klassischen Medien geprägt. Aber wenn ich heute den Spiegel lese oder die Tagesthemen anschaue, dann bin ich kein Konsument erster Ordnung mehr, der einfach wissen will, was in der Welt geschieht und glaubt, das in diesen Medien finden zu können, sondern ein Beobachter zweiter Ordnung, den nur noch interessiert, was wollen die uns denn heute zu sehen geben, was sollen wir wie verstehen und was gar nicht erst wissen.

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[…] Im Journalismus gibt es ja auch eine handwerkliche Seite, es gibt bestimmte Regeln, die ziemlich einfach sind. Um nur ein Beispiel zu nennen: Wenn am 7. Januar in Paris zwei vermummte Typen mit MP aus dem Auto springen, „Allah Akbar!“ oder Ähnliches brüllen und anschließend eine ganze Zeitungsredaktion niedermetzeln, dann müsste jeder Qualitätsjournalismus mit der Feststellung beginnen, dass die Täter ganz offenbar Islamisten darstellen wollten – was zugleich heißt, dass es auch Täter gewesen sein könnten, die genau diesen Eindruck erwecken wollten ohne deswegen zwingend auch Islamisten zu sein. Denn selbst wenig reflektierte Kollegen sollten allmählich verstanden haben, dass gewisse Sachen nur geschehen, um einen bestimmten Anschein zu erwecken

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(Walter van Rossum auf den Nachdenkseiten)


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